Zwei Momente dieser Reise in Diensten von Sport1 werden mir besonders in Erinnerung bleiben. In beiden Fällen handelt es sich um Eintritte:
Ich betrete den Pressekonferenz-Raum in der "Ciudad Real Madrid" am Vortag des Spiels (dem sogenannten MD-1) und bin völlig erschlagen von der Anzahl der Kameraleute und Fotografen; der riesige Raum ist gerammelt voll mit Menschen und technischem Equipment. Alle wollen die Königlichen. Alle wollen zu Carlo Ancelotti.
Später am Tag erklimme ich das erste Mal den Treppenaufgang ins legendäre Estadio Santiago Bernabéu; frisch saniert und hochmodern überragen mich die Tribünen des Fußballtempels. Hier an der Grasnarbe zu stehen und diese heilige Kathedrale des Weltfußballs zu erblicken, haut mich wirklich um.
Diese beiden Momente verdeutlichen, was unsere Champions League-Reisen in Europas Top-Standorte ausmacht. In den vergangenen Jahren haben wir bei RUN Forward Media einige Stadien besuchen dürfen: Paris Saint-Germain, Tottenham Hotspur, FC Porto, AS Monaco... Egal wo man hinreist, an allen Standorten des europäischen Spitzenfußballs gibt es viel Neues zu sehen. Aber Real Madrid ist in vielerlei Hinsicht das Maß aller Dinge.
Meine Reise zum Achtelfinal-Rückspiel zwischen Real Madrid und RB Leipzig im März 2024 geht sofort in die Vollen: Vom Flughafen nehme ich ein Taxi ins Trainingszentrum. Dort darf ich inmitten der Scharen von Kameraleuten und Fotografen wie üblich 15 Minuten des Trainings filmen. Wenig später kommen erst Carlo Ancelotti und dann Eduardo Camavinga zur Pressekonferenz. Thematisch sind die PKs von Real ein bisschen eigen, es wird kaum zum Gegner gefragt, vielmehr geht es um Gott und die Welt: "Kommt Kylian Mbappé im Sommer? Sind Sie froh, dass in der Champions League kein spanischer Schiedsrichter pfeifen darf? Herr Ancelotti, wie stellen Sie sich Ihr weiters Leben vor? Was macht Sie glücklich?" Es ist der reinste Medienzirkus.
Etwas näher am realen Geschehen sind die Medientermine mit den RB-Verantwortlichen. Marco Rose antwortet geduldig und gewohnt analytisch auf die Fragen der nationalen und internationalen Kollegen. Offensivmann Dani Olmo wird von den spanischen Journalisten vor allem zu Real Madrid, dem Stadion und der Nationalmannschaft ausgequetscht. Und dann ist da noch der eingangs erwähnte magische Moment, das Training der Leipziger auf dem heiligen Rasen. Dieser Vortag des Achtelfinal-Rückspiels hat schon Einiges in mir ausgelöst.
So richtig ernst wird es aber natürlich erst am Spieltag. Dieser Mittwoch startet ruhig, ich habe ein paar Stunden, mir die Stadt anzuschauen und die spanische Sonne zu genießen. Am späten Nachmittag treffen sich einige der 4250 mitgereisten Leipziger (Vereinsrekord) in Stadionnähe, ich nutze den Termin für eine kleine Umfrage unter den Anhängern. Danach geht es endlich zum Bernabéu. Vor dem Anpfiff schalte ich erst LIVE in die Sport1-News zur Kollegin Anna Dollak, später in den Fantalk mit Thomas Helmer. Um 20:50 sitze ich an meinem Platz, genau rechtzeitig für das Lied "Hala Madrid", den Höhepunkt der Stimmung im Stadion. Denn eins merkt man beim laufenden Spiel recht schnell: Stadionkulisse und sportliches Niveau sind extrem hoch; das Publikum aber kann mit einem durchschnittlichen Bundesliga-Stadion nicht mithalten. Der Ruf des "Opern-Publikums" bei den Königlichen bestätigt sich.
Fußballerisch werde ich an diesem Abend nicht enttäuscht. Leipzig hat mehr vom Spiel, erarbeitet sich über 90 Minuten mehr und bessere Chancen. In der 54. Minute macht sich die besondere Aura von Real Madrid bemerkbar. Der italienische Schiedsrichter zeigt dem Brasilianer Vinicius Jr. nach einer klaren Tätlichkeit gegen Willi Orban nur gelb. Es wirkt ein bisschen so, als ob sich der Unparteiische nicht traut, Real im Bernabéu einen Platzverweis auszusprechen. Vini Jr. und Orban sind anschließend auch die beiden Torschützen des Spiels. Da die Spanier das Hinspiel gewonnen hatten, reicht den Madrilenen das Unentschieden. In der Nachspielzeit küsst ein Heber von Dani Olmo die Latte. Den Sachsen fehlen am Ende nur ein paar Prozent, um ins Viertelfinale einzuziehen.
Meine Arbeitsreise endet mit den Interviews nach dem Spiel. Die gesammelte Presse-Meute wartet in der MixedZone auf die Spieler. Wir bekommen Reals Kapitän Nacho, RB-Sportchef Rouven Schröder und die Außenverteidiger Benjamin Henrichs und David Raum vors Mikrofon gestellt. Gesprächsthema Nummer eins: Der nichtgegebene Feldverweis. Die RB-Meinung dazu passt zu den eingangs erwähnten Eindrücken. Real ist einfach eine eigene Nummer im europäischen Fußball. Hier ist alles etwas größer, etwas glänzender. Meine Frage, ob es kleinere Clubs hier gegen die Königlichen immer etwas schwerer haben, bejaht Sportchef Schröder. Real ist eben auf ganzer Linie einzigartig.
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